6/8 Medialisierung und Technologisierung
Ist der Computer die bessere Lehrperson?
Die Digitalisierung verändert sämtliche Lebensbereiche und hat das Potential, auch die Schule umzugestalten. Das Spektrum reicht von einer punktuellen Anpassung (neue Inhalte und Kompetenzen) bis hin zur Infragestellung der Existenz der Institution Schule, wie wir sie kennen.
Der mediale Wandel stellt die Schulen vor eine doppelte Herausforderung: Sie stehen vor der Frage, inwieweit sie sich digitaler Medien bedienen und deren möglichen Mehrwert nutzen wollen. Die Stichworte sind selbstgesteuertes Lernen und adaptiver Unterricht. Gleichzeitig werden die Schulen auf die Gefahren einer digitalen Welt reagieren und die Lernenden auf diese vorbereiten müssen. Wie soll die Schule sich in dieser Lage verhalten? Vorstellbar sind mehrere Szenarien: von einer umfassenden Integration digitaler Medien und Technologien in den Lernprozess (intelligente Lernsoftware, KI-gestütztes Lernen) über eine eher punktuelle Nutzung bis hin zu Skepsis und Ablehnung.
WAS DIE SCHULE BEWEGT
SCHULREFORMEN DER VERGANGENHEIT UND der ZUKUNFT
1850-1900 Anschauung als Unterrichtsmaxime
1900-1950 Ton und Bild im Unterricht
1950-1980 Einzug der Massenmedien und futuristische Technikutopien
Technikeuphorie
In den 1960er-Jahren kamen Utopien einer technisierten Schule auf, in der alle Schülerinnen und Schüler mit Computern und Bildtelefonen ausgestattet selbstständig lernen oder mit den Lehrpersonen über grosse Distanzen hinweg kommunizieren würden. Diese aus der Science-Fiction-Literatur stammenden Technikvisionen setzten sich jedoch gar nicht, oder erst viele Jahrzehnte später als erwartet durch.
Ausschnitt aus dem US-amerikanischen Kurzfilm «1999 A.D.» von 1967.
Das Medium als Pädagoge
Technologien haben immer wieder die Erwartung geweckt, der unzuverlässige Mensch könne dereinst durch Apparate ersetzt werden – so auch im Bereich der Bildung. Bereits in den 1920er-Jahren hatte der US-amerikanische Psychologie-Professor Sidney Pressey (1888-1979) einen «automatisierten Lehrer» entwickelt. Dieser blieb zwar kommerziell erfolglos, doch das Prinzip des «programmierten Lernens» wurde weiter verfolgt. Ende der 1960er-Jahre wurde in der Schweiz der computergestützte Unterricht zur Entlastung der Lehrpersonen und zur Bekämpfung des Lehrermangels propagiert.
Beitrag des Schweizer Fernsehens vom 23. August 1965.
Schulfernsehen
In der Schweiz wird durch das Schweizer Radio und Fernsehen seit 1964 ein regelmässiges Angebot für Schulen ausgestrahlt. In der Regel diente das Schulfernsehen als Ergänzung zum eigentlichen Unterricht. Mancherorts weckte es jedoch weitreichendere Erwartungen. Auf Amerikanisch Samoa, dessen Bildungssystem im Vergleich zum Mutterland noch wenig gefestigt war, wurde ab 1964 mit dem Schulfernsehen als Ersatz für die Lehrpersonen experimentiert.
Education in Samoa by Television, 1967.