7/8 Individualisierung und Personalisierung
Lernen in Zukunft noch alle das Gleiche?
Wie soll die Schule von morgen mit dem Verhältnis zwischen Standardisierung und Individualisierung im Unterricht umgehen? Bleibt der Klassenunterricht mit Inhalten, die für alle verbindlich sind? Oder sollen Lernende mehrheitlich individualisiert und auf ihre Bedürfnisse und Stärken zugeschnitten unterrichtet werden?
Individualisierung oder Personalisierung in der Schule meint die Berücksichtigung der Individualität der Schülerinnen und Schüler im Unterricht. Das Gegenteil von Individualisierung ist Standardisierung. Standardisierter Unterricht heisst, dass alle Lernenden gleichzeitig am selben Schulstoff arbeiten und ihr Leistungsstand mittels einheitlicher Tests überprüft wird. Im individualisierten Unterricht arbeiten die Schülerinnen und Schüler an unterschiedlichen Aufgaben und mit vielfältigen Lernmaterialien. Auch die Leistungsüberprüfung kann individualisiert vorgenommen werden. Massgebend ist der individuelle Leistungsfortschritt und nicht der Quervergleich mit der Lerngruppe.
WAS DIE SCHULE BEWEGT
SCHULREFORMEN DER VERGANGENHEIT UND der ZUKUNFT
1850-1900 Frontalunterricht macht Schule
Einzelunterricht in Gruppen
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein lief der Unterricht in den Schulstuben üblicherweise nach folgendem Muster ab: Die Lehrperson rief einzelne Kinder oder kleine Gruppen auf, um sie zu prüfen oder das Geschriebene zu korrigieren, während die anderen Lernenden sich selber beschäftigten. Im Rahmen dieses «Einzelunterrichts in Gruppen» wurden die Schulkinder oft individuell unterrichtet, als ob sie zu Hause wären. Diese Form des Unterrichts geriet jedoch immer mehr in die Kritik, aufgrund seiner unsystematischen Anlage, des Zeitverlusts und der ungenügenden Beaufsichtigung der Kinder.
Durchschnittliche Klassengrösse an Schweizer Schulen in ausgewählten Schuljahren (Quelle: Historische Statistik der Schweiz)
1900-1960 Statik und Dynamik
1960-1990 Differenzierung im Unterricht
1990-2010 Frontalunterricht auf dem Rückzug
2010 – Zukunft Der Pressespiegel: Individualisierung durch Technik?
Personalisiertes Lernen
Überall auf der Welt entstanden in den letzten Jahren Unternehmen, die mit digitalen Tools das Lernen personalisieren wollten. In Indien hat sich «Byju’s», eine Learning-App, die sechs Milliarden Dollar wert sein soll, die Unterstützung von Facebook und dem chinesischen Internetgiganten Tencent gesichert. Der Hype um smarte Schulbildung hat allerdings auch bereits erste Risse bekommen. Das im Silicon Valley ansässige Bildungsunternehmen «AltSchool», in das unter anderem auch Mark Zuckerberg und Peter Thiel investiert haben, hat bereits wieder viele seiner eigenen Schulen geschlossen, an denen auf eine Personalisierung des Lernens mittels hybrider Lernformen gesetzt wird.